Die Familie Hassenklöver in Hamburg
Der Beginn in Hamburg - Johann Heinrich Hassenklöver
Die Familie Hassenklöver in Hamburg stammt von Johann Heinrich Hassenklöver ab, der etwa 1795 aus dem Brandenburgischen nach Hamburg kommt. Seine Eltern sind der Soldat Johann Georg Hassenklöver und Carolina Sophia geb. Schwartz, wahrscheinlich wurde der Sohn Johann Heinrich um 1770 geboren.
Johann Heinrich Hassenklöver ist Schlosser und wohnt "aufm Dreckwall in Victors Hoff aufm Sahl", dort findet laut Eintrag bei der Hamburger Wedde am 4. Juni 1797 auch die Trauung mit Anna Sophia Müller (Möller) statt, die kirchliche Copulation verrichtet Herr Diaconus Müller an Dom. Exaudi, dem 28. Mai 1797, zu St. Petri in Hamburg.(6,7)
Die Braut Anna Sophia Müller ist gebürtige Hamburgerin, eine Tochter von Anna Christina geb. Barghan und Stephan Hinrich Müller, einem Bader und Barbier in der Straße beim Zuchthause. Getauft wurde sie am 6. April 1766 zu St. Petri.(8)
Das Paar bekommt 5 Kinder, am 11. November 1797 wird der erste Sohn Johann Christian Heinrich geboren und am 19. November erfolgt die Taufe zu St. Petri.(9)
Abb. 1: Taufeintrag Johann Christian Heinrich Hassenklöver (Staatsarchiv Hamburg)
Der Zweitgeborene Johannes Friedrich Martin kommt am 4.4.1799 zur Welt und wird 10 Tage später ebenfalls in der Petrikirche getauft. (10) Wahrscheinlich zieht die Familie um, die nächsten Taufen sind in der St. Michaeliskirche in der Hamburger Neustadt. Im Jahr 1800 wird die Tochter Anna Catharina (11), 1803 Niclas Ludwig (12) und 1806 Cord Matthias Albert getauft (13).
Abb. 2: Taufeintrag Nicolaus Ludewig Hassenklöver (Staatsarchiv Hamburg)
Im Sommer 1841, am 15. Juli, stirbt Anna Sophia Hassenklöver und wird drei Tage später auf dem Begräbnisplatz von St. Jacobi vor dem Steinthor bestattet. Als letzter Wohnsitz ist der Hof 25 in der Straße Kurze Mühren angegeben, die Todesanzeige macht Johann Christian Thielebein, der Bote der Todtenlade. (14)
Der Witwer Johann Heinrich Hassenklöver zieht nach dem Tod seiner Frau um, wahrscheinlich zu seinem Sohn Nicolaus Ludewig nach St. Pauli. Am 22. Juni 1846 wird er dann im Alter von 78 Jahren wegen Obdachlosigkeit ins Werk- und Armenhaus aufgenommen, im Aufnahmebuch werden die mitgebrachten Habseligkeiten vermerkt: 1 Koffer, 2 Hemden, 1 Jacke, 3 Hosen, 3 Mützen, 3 Tücher, 2 P. Socken, Schuh und Stiefel. Er stirbt fast auf den Tag genau 8 Jahre später am 20.6.1854 in diesem Armenhaus. (15,16)
Die Nachkommen von Johann Christian Heinrich Hassenklöver
Johann Christian Heinrich, der älteste Sohn von Johann Heinrich Hassenklöver und seiner Frau Anna Sophia, wird am 14. September 1821 Hamburger Bürger und heiratet am 30. des Monats zu St. Michaeli die gerade 20jährige Johanna Friederika Carolina Thieme, eine Tochter des ehemaligen Hamburger Stadtsoldaten Johann Friedrich Gottlieb Thieme und seiner Ehefrau Gesa Catharina geb. Beckmann (17). Die Braut ist hochschwanger, doch das Kind, ein Knabe, kommt am 13. November tot zur Welt (18).
Das Paar wohnt im Neuensteinweg in Pichels Hof und bekommt am 13. März 1823 das nächste Kind. Es ist wieder ein Junge, der am 30. März auf die Namen Friedrich Ludwig getauft wird, einer der Taufpaten ist der jüngere Bruder des Kindsvaters Niclas Ludwig Hassenklöver (19).
Wie zu dieser Zeit in den meisten Familien kommt etwa alle 2 Jahre ein weiteres Kind zur Welt. Am 17. Mai 1825 bekommt Friedrich Ludwig eine kleine Schwester, bei der Taufe auf die Namen Dorothea Catharina 5 Tage später ist diesmal der Großvater Johann Heinrich Hassenklöver einer der Gevattern (20). Im Oktober 1827 folgt ein Brüderchen und auch bei dessen Taufe ist mit dem Onkel Johann Friedrich Martin Hassenklöver wieder Verwandtschaft als Pate zugegen (21). Doch der Junge stirbt schon als Kleinkind (22) und auch das Nesthäkchen Henriette Amalia wird kein halbes Jahr alt und die Eltern müssen es am 28. März 1830 zu Grabe tragen (23,24).
Ein halbes Jahr nach seiner kleinen Tochter stirbt auch der Vater im 33. Lebensjahr am 15. September 1830 (25). Nach Angaben seiner Frau bei der Vormundschaftsbehörde (26) hat "eine vierjährige Lähmung ihres Mannes in Folge der Strapazen des Befreiungskrieges auch das Letzte aufgezehrt", so daß die finanzielle Situation der Witwe und ihrer Kinder schlecht ist. Sie lebt "in der größten Dürftigkeit" und erhält Unterstützung von der Armenordnung.
Die junge Witwe will sich wieder verheiraten und bittet bei den Behörden um die Erlaubnis dazu. Da sie als Frau nicht geschäftsfähig ist, benötigt sie einen Curator als Vormund für sich und Vormünder für ihre Kinder. Auf ihren Vorschlag wird Paul Gottlieb Seemann, der freiwillig die Curatel übernimmt, ihr Vormund. Für ihre zwei Kinder leisten der Bruder ihres verstorbenen Mannes, der Arbeitsmann und Schutzbürger auf dem Hamburger Berg Nicolaus Ludwig Hassenklöver, und in Ermangelung weiterer Verwandter, der Hamburger Schlachtermeister Antonius Thomas Weiner, ein vieljähriger Bekannter, den Vormündereid.
Nachdem die Vormünder erklärt haben, daß keinerlei Vermögen vorhanden sei und die Witwe aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage um Erlaß der Gebühren bittet, wird ihr die Heiratserlaubnis gratis erteilt. Als auch alle weiteren notwendigen Formalitäten erledigt sind, wird am 23. April 1832 die Ehe zwischen der Witwe Johanna Friederika Carolina Hassenklöver und dem gerade volljährig gewordenen Arbeitsmann Joachim Jacob Warnke zu St. Michaelis geschlossen. Der Bräutigam stammt aus Eimsbüttel, Sohn des Hans Hinrich Warnke und seiner Ehefrau Anna Maria geb. Ranken, und lebt seit 2 Jahren in Hamburg. (27,28)
Der Stiefvater sorgt für die Kinder Dorothea Catharina und Friedrich Ludwig, die Familie lebt weiter im Neuensteinweg.
Erst 1843, nach dem 18. Geburtstag und damit der Volljährigkeit von Dorothea Catharina, meldet sich die Vormundschaftsbehörde wieder und zitiert die Vormünder zur Quittierung der Vormundschaft. Am 9. Juni erscheint bei der Behörde die Witwe des Antonius Thomas Weiner, Frau Lidia Maria geb. Schultz, und erklärt, "ihr Mann sei schon vor zwei Jahren gestorben, und habe sie nichts davon gewußt, daß derselbe Vormund für die Hassenklöverschen Minorennen gewesen, und wisse sie auch nicht wo der Mitvormund und die Pupillen seien".
Die Polizeibehörde wird gebeten, den Verbleib des Vormunds und der Pupillen zu ermitteln und teilt der Vormundschaftsbehörde mit, daß Nicolaus Ludwig Hassenklöver in St. Pauli in der kleinen Peterstraße, Sahl der 2. Treppe über No. 5 wohne. Friedrich Ludwig Hassenklöver diene bei der Hamburger Garnison und Dorothea Catharina Hassenklöver sei bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater auf dem neuen Steinweg zum Groß Neumarkt links im 2. Hofe.
Der Vormund der Kinder Nicolaus Ludwig Hassenklöver bittet, die Quittierung der Vormundschaft bis zur Volljährigkeit von Friedrich Ludwig Hassenklöver auszusetzen. 1845 wird dann die Vormundschaft von Dorothea Catharina, Schneiderin, und Friedrich Ludwig, Haartuchweber, wohnhaft 2. Elbstraße No. 17, quittiert (26). Friedrich Ludwig Hassenklöver stirbt mit 26 Jahren am 1. September 1850 (29).
Seine Schwester Dorothea Catharina war kurz zuvor am 5. Mai Mutter einer kleinen Tochter geworden. Als Vater der unehelichen Johanna Karoline Hassenklöver ist der Schneider Johann Friedrich Franz Werner aus Talsen in Baiern angegeben, der in der 1. Peterstraße wohnt. Das kleine Mädchen wird am 19. Mai zu St. Michaelis getauft (30).
Zwei Jahre später, am 22. August 1852, bringt Dorothea Catharina ein weiteres uneheliches Kind zur Welt, zum Vater findet sich kein Eintrag. Der Junge wird auf die Namen Friedrich Ludwig Wilhelm getauft (31). Was dann aus Mutter und Kind wird, ist nicht bekannt, die Mutter soll nach Angaben ihrer Tochter Johanna Karoline, als diese 2 Jahre alt war, fortgegangen sein und sie habe nie wieder von ihr gehört.
Johanna Caroline Hassenklöver wächst bei den Großeltern, Johanna Friederica Carolina Thieme verwitwete Hassenklöver und ihrem zweiten Mann Joachim Jacob Warnke, in der Peterstraße auf. Anfang 1868 heiratet sie den Schneidermeister Johann Heinrich Wagner, ebenfalls aus der Peterstraße. Da sie erst 17 und somit noch nicht volljährig ist, benötigt sie Vormünder für die Eheschließung. Diese Aufgabe übernimmt wieder Joachim Jacob Warnke zusammen mit dem Schneider Friedrich Wilhelm Zickler (32).
Die Nachkommen von Johannes Friedrich Martin Hassenklöver
Der zweite Sohn von Johann Heinrich Hassenklöver, Johannes Friedrich Martin, heiratet erst am 2. Februar 1834 mit 34 Jahren die wesentlich ältere Magdalena Catharina Schnoor, die ursprünglich aus Oldesloe stammt und als junge Frau nach Hamburg kam. (33,34)
Für die Eheschließung muß er um das Bürgerrecht nachsuchen und dafür nachweisen, daß er seine Dienstpflicht beim Bürgermilitär abgeleistet hat. (52) Die Mitglieder des Bürgermilitärs, die Bürgergardisten, leisteten parallel zu den Soldaten der Garnison Wachdienste und sorgten so auch für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Stadt. Jeder Gardist besaß Uniform und Gewehr. Mit dieser teuren und selbst zu beschaffenden Ausrüstung mußte er durchschnittlich vier Wachen pro Jahr ableisten und noch einmal so viele Tage mit militärischen Übungen und Manövern verbringen. (49)
Abb. 3: Bescheinigung des Bürgermilitärs für Johann Martin Friedrich Hassenklöver (Staatsarchiv Hamburg)
Das Paar Johannes Friedrich Martin und Magdalena Catharina Hasssenklöver wohnt in der Hamburger Altstadt in der Straße Langemühren im Hof 69. Man erreicht den Hof durch eine Einfahrt zwischen Hausnummer 68 und 70. Der Hof ist verhältnismäßig groß, 15 Buden und 24 Sähle befinden sich hier. Die Bude Nr. 3 wird vom Schmied Frahm als Schmiedewerkstelle genutzt, daher heißt der Hof auch Schmiedehof oder großer Frahmhof. Hier wohnt auch die Familie Lose, Vorfahren von Sabine Paap. Am 23. Juli 1837 wird die jüngste Tochter von Heinrich Friederich Lose und seiner Frau Henrica Johanna Maria geb. Baack zu St. Jacobi auf die Namen Mathilde Lucia Catharina getauft, einer der drei Taufpaten ist Johannes Friedrich Martin Hassenklöver. (35)
Die Wohnverhältnisse in diesem Hof sind typisch für die dichtbebaute Hamburger Altstadt, hier leben sehr viele Menschen auf engstem Raum. Um 1835 hat die Straße Langemühren eine Länge von 856 und eine Breite von 28 Hamburger Fuß (1 Hamburger Fuß = 12 Zoll = 0,287 m), 11 Höfe und Gänge, und insgesamt 1280 Bewohner leben in 82 Häusern, 189 Sählen, 73 Buden und 29 Kellern. Immerhin werden die Wasserzapfstellen der Straße schon seit etwa 1620 durch die Wasserleitung der neuen Kunst versorgt und es gibt 14 Lampen in der Straße und 4 in den Höfen. (36,37)
Magdalena Catharina Hassenklöver stirbt hier am 29. November 1848 im Alter von 70 Jahren und wird am 3. Dezember auf dem Begräbnisplatz am Dammtor beigesetzt. Die Anzeige des Todes erfolgt wieder durch den Boten Thielebein von der Todtenlade. (38)
Der Witwer zieht um zum großen Neumarkt und heiratet schon ein gutes halbes Jahr später erneut. Am 27. Juni 1849 ehelicht der jetzt 49jährige die 34 Jahre alte Wilhelmina Dorothea Henriette Bernstein aus Wittenburg, die seit 9 Jahren in Hamburg ist und im alten Steinweg Nr. 42 in Dienst ist. (39)
Im Sommer darauf kommt am 13. Juni 1850 eine Tochter zur Welt und wird im November des Jahres zu St. Michaeli auf die Namen Friedrike Sophie Henrike getauft. Als Taufpaten werden der Großvater Johann Hinrich Hassenklöver und Sophie Henrike Bernstein, eine Verwandte der Mutter, genannt. (40)
Das Kind stirbt am 30. April 1853. (41) Der Tod des Vaters im Alter von 71 Jahren und 8 Monaten wird am 14. Dezember 1870 von der 54jährigen Ehefrau Wilhelmine Dorothea Henriette Hassenklöver beim Zivilstandsamt angezeigt. (42)
Die Nachkommen von Nicolaus Ludwig Hassenklöver
Der am 24. August 1803 geborene Nicolaus Ludwig Hassenklöver schwängert 1823 die 41jährige Witwe Johanna Maria Catharina Bode, geborene Kuhn. (12,43) Er wird daraufhin am 4. Oktober 1823 kleiner Schutzbürger in St. Pauli und heiratet die Witwe Bode vom Hamburger Berg auf Erlaubnis des hochweisen Landherrn, Herrn Dr. Schlüter, am 19. Oktober in der St. Paulikirche. (44,45)
Abb. 4: Nicolaus Ludwig Hassenklöver, Eintrag als kleiner Schutzbürger beim Patronat St. Pauli (Staatsarchiv Hamburg)
Einen Monat später, am 25. November 1823, wird die Tochter des Paares geboren und am 26.12. auf die Namen Anna Sophia Henriette getauft, Paten sind ein Bruder der Mutter Johann Peter Lorenz Kuhn und die Mutter des Vaters Anna Sophia Hassenklöver. (46) Anna Sophia Henriette wächst in St. Pauli auf, der Vater ist Arbeitsmann und soll eine kleine Blockmacherei gehabt haben.
Die Mutter Johanna Maria Catharina Hassenklöver stirbt 63jährig nach genau 22jähriger Ehe am 20.10.1845 in der Fischerstraße 27. (47) Ihr Mann Nicolaus Ludwig kommt später wie sein Vater ins Werk- und Armenhaus und stirbt dort am 15. Mai 1859. (48)
Anna Sophia Henriette Hassenklöver bekommt ihr erstes Kind, einen Jungen, am 20. Januar 1853. Sie heiratet dessen Vater Friedrich Detlev Rohlfs, einen 5 Jahre älteren Arbeitsmann gebürtig aus Glückstadt, im Sommer darauf am 3. Juli, an diesem Tag wird auch der Sohn auf die Namen August Heinrich Rudolf getauft. Zeuge bei der Anmeldung der Hochzeit bei der Wedde und Taufpate bei dem Kind ist August Tobias Heinrich Kort, eine weitere Taufpatin ist die Tante Johanna Carolina Friederike Warncke. (53,54,55)
Friedrich Detlev Rohlfs ist etwa 1847 nach Hamburg gekommen, beim Ersuchen um die Aufnahme als Bürger gibt er als Grund dafür an, "weil er in Hamburg zu verdienen dachte". Seine Zeugnisse sind in Ordnung, der Militärdienst erledigt und nach Entrichtung der nötigen Gebühren erhält er den Hamburger Bürgerbrief am 29.4.1853. Er arbeitet als Hausknecht bei dem Ship Chandler (Schiffsausrüster) Conrad Peter Jacob Flohr am Pferdeborn 1. (56)
Am 3. Dezember 1854 kommt das nächste Kind zur Welt, diesmal ein Mädchen, das am 18. Februar 1855 bei der Taufe in der St. Paulikirche die Namen Johanna Maria Catharina erhält. (57) Doch schon am 26. August 1856 muß der 37jährige Vater den Tod seiner kleinen Tochter anzeigen. (58)
Die Mutter ist zu dieser Zeit hochschwanger und keinen Monat später am 21. September ertönt erneut das Geschrei eines Neugeborenen im Hause Rohlfs. Der jüngste Sproß erhält die Namen Paul Conrad Robert, unter den Taufpaten ist auch der Dienstherr des Vaters Conrad Peter Jacob Flohr. (59) Aber auch dieses Kind wird nicht einmal ein halbes Jahr alt und stirbt am 2. März 1857. (60)
Anna Sophia Henriette Rohlfs ist bald wieder schwanger, doch bevor das Kind zur Welt kommt, stirbt ihr Mann am 10. Februar 1858. (61) Unter welchen Umständen, dazu schreibt ihr 1864 geborener Sohn Hermann Julius Christian Hassenklöver in seinen im hohen Lebensalter verfaßten Lebenserinnerungen (Schreibweise des Originaltextes übernommen):
Der erste legitime Mann meiner Mutter war aus Glückstadt in Holstein geboren worden nach Hamburg gezogen, hatte in St Pauli meine Mutter geehlich und mit ihr 3 Söhne gezeugt wovon der zweite mit Namen Robert schon früh wieder starb. Er der Vater war Hausknecht bei einem Kaufmann Flohr später Holzgeschäft in der Hafenstraße auf St Pauli und soll sich bei einer Schlägerei in einem Tanzlokahl, welches noch in meiner Lehrzeit hoch oben auf dem Berg der sich von der Davidstraße bis zum Wiedsels Hotel gegenüber der Einfahrt des Elbtunnels erstreckt lag, ein Leiden zugezogen haben. Er soll ein gewalttätiger jähzorniger Mensch gewesen sein denn seine die wegwerfende Worte, Smer die Bodder vorn Moars! zeugen doch nicht von großem Midleid die er mit seiner Frau gehabt hat, als sie ihn im letzten Tagen vor seinem Tode um die Namen der Täter die mit Füßen ihn halb tot getreten hatten gebeten haben soll, um sie zur Rechenschaft in ihrer bedrengten Lage ziehen zu können.
Friedrich Detlev Rohlfs muß aber auch durchaus geschäftstüchtig gewesen sein, denn der Nachlaß besteht:
- aus den gewöhnlichen nothwendigen Hausstandseffecten,
- aus einer auf das Leben df. Rohlfs geschlossenen Versicherung groß 25 ₤ bei der Liverpooler und Londoner Lebens-Versicherungsgesellschaft, Agent Joh. Higson gr Burstah 30. Die Police ist im Besitze von C.J.P. Flohr wohnhaft b/d. Pferdeborn 1.
- in dem Antheile des Verstorbenen an einem von ihm und den Hausküpern von C.J.P. Flohr gemeinschaftlich geführten Geschäfte, bestehend in dem An- und Verkaufe von Wasserfässern; der Einschuß in dieses Geschäft hat vor zwei Jahren 400 (Mark) betragen, und hat der Antheil jetzt einen Werth von etwa 500 (Mark) – 525 (Mark). Passiva sind überall nicht vorhanden. Die laufende halbjährige Miethe beträgt 36 (Mark). (62)
Seit zwei Jahren betrieb Friedrich Detlef Rohlfs zusammen mit Christian Heinrich von Holten und Heinrich Schilling neben der festen Anstellung bei Flohr das Fässergeschäft. Mit seinem Tod erbte seine Frau seinen Geschäftsanteil. Da sie als Frau aber nicht geschäftsfähig ist, teilt ihr die Vormundschaftsbehörde den Schlachtermeister John Carl Christian Gottlieb Becker (in Firma C.G. Becker) als Curator zu. Dieser regelt für sie die Erbschaftsangelegenheit.
Conrad Peter Jacob Flohr wohnhaft b/d. Pferdeborn 1, Stadtbürger d.d. 12 May 1848, bei welchem der Verstorbene mehrere Jahre als Hausknecht in Brot gestanden und Christian Hinrich von Holten, Hausküper bei Flohr, Stadtbürger d. 8 Juny 1849 wohnhaft 2. Carlstraße 5, sind bereit die Vormundschaft für den minorennen Rohlfs zu übernehmen. (62)
Am 7. April bekommt die Witwe den Sohn Richard Gottlieb Johann Heinrich, als Taufpaten am 2. Mai sind erschienen Hans Heinrich Schilling, Johann Carl Christian Gottlieb Becker, Johanna Margaretha Henriette Flohr und Hans Christoph Albers. (63)
Nachdem im Juni desselben Jahres die Lebensversicherung fällig geworden ist und auch der Anteil an dem Geschäft bestimmt ist, steht die Gesamtsumme des Nachlasses mit über 900 Mark fest, und Anna Sophia Henriette Rohlfs erhält Auszahlungen in etwa monatlichen Raten. Das Geld inklusive der Zinsen reicht bis zum Frühjahr 1863, dann ist alles an die Witwe ausgezahlt. (62)
Diese wird das Geld für den Unterhalt für sich und die Kinder verwendet haben müssen, zudem nahm sie wohl noch Schlaf- und Kostgänger auf. Jedenfalls berichtet ihr Sohn Hermann Julius Christian in seinen Lebenserinnerungen, daß sich seine Mutter und sein Vater so kennengelernt hätten.
Warum daß ist nicht mit ein paar Worte aus der Welt geschaft und muß man sich ein tiefes Liebesverhältnis vorstellen, daß sich nach oder während meiner Mutter Witwenschaft aufrichtig entwickelte, denn mein Vater war bei ihr in Kost und Pflege und sorgte auch zu gleicher Zeit für die beiden Brüder Rudolf und Richard welche durch den Tod ihres Vaters mit Namen Rohlfs hinterblieben war. (61)
Dieses Liebesverhältnis hat Folgen, und so erhalten die beiden Söhne aus der Ehe von Anna Sophia Henriette mit Friedrich Detlev Rohlfs am 19. September 1861 einen kleinen Bruder. Das Kind wird im Taufregister als unehelich geführt, ein Vater ist nicht angegeben, aber bei den Taufzeugen ist Gustav Hase vertreten und das Kind erhält die Namen Carl Andreas Gustav Hassenklöver. (64)
Der am 11. August 1836 in Zuschendorf bei Pirna geborene Friedrich Gustav Hase möchte die Witwe Rohlfs wohl heiraten, aber in Hamburg ist es erforderlich, vor der Eheschließung Hamburger Bürger zu werden. Dies ist jedoch mit erheblichen Kosten verbunden, denn wer neu in die Hamburger Staatsbürgerschaftschaft aufgenommenen werden will, muß nachweisen, daß ausreichende Mittel vorhanden sind für den eigenen Unterhalt und den der Familie. Die Hamburger Bürgerschaft möchte so verhindern, daß Arme von außerhalb zuziehen und der Hamburger Armenpflege zur Last fallen.
Über das Verhältnis seines Vaters zu seiner Mutter schreibt Hermann Julius Christian Hassenklöver später:
Was Wunder daß sie zugriff, denn mein Vater war wohlgewachsen und von sauberem Angesicht, ein tiefer dunkelbrauner Vollbart war ihm anfangst der 20 Jahre seines Lebens schon gewachsen und konnte sich überall sehen lassen. Aus diesem ehrlichen Zusammenleben in einer kleinen Hütte entspann sich ein aufrichtiges beiderseitiges Liebesleben das von beiden Seiten bis an unser Mutters Tode geachtet und gehalten wurde, daß es meines Vaters unumstößlicher Wille gewesen sein mag, ihr zu ehlichen, davon giebt doch der Beweis Aufschluß weil er sich der Versorgung ihrer beiden Kinder aus erster Ehe, welche auch wohl keine glückliche gewesen sein mag ungerufen unterzog und seine Enterbung durch sein Vater der darauf jedenfals bestanden haben mag daß er die Schmiede weiterführen sollte freiwillig unterwarf, lieber auf sein Erbe verzichtete als in Knechtschaft einer gräflichen Familie zu vegetieren, war es denn viel anders als Knecht einer Feudahlherrschaft eine Schmiede in Pacht zu haben, die wohlmöglich noch nach Belieben der Pacht beliebicht von der Grafenfamilie gesteigert werden konnte, er blieb sein Versprechen treu weil er als aufrichtiger Handwerker der sein Handwerk verstand sich nicht scheute und auch nicht anders konnte, er ließ meine Mutter nicht im Stich und ist ihr ein treuer Mitversorger ihrer zwei ehelicher Kinder gewesen, denn seit den Tode ging es mit ihm Berg ab und konnte er kein Halt mehr finden, wodurch wir beiden Jüngsten viel entbehrt haben. (61)
Hermann Julius Christian Hassenklöver ist am 2. Februar 1864 im Hof der Fischerstraße 40 in Hamburg St. Pauli geboren. Taufpate bei der Taufe am 4. Mai ist Hermann Hase, ein Bruder seines Vaters, der später nach Amerika in das Goldland Kalifornien ausgewandert sein soll. (65)
In seinen Lebenserinnerungen, die er in hohem Alter kurz vor seinem Tod 1944 für seine Kinder, besonders seinen Sohn Heinrich, niederschrieb, erzählt er von der Armut, von den miserablen Wohnverhältnissen und den Versuchen seiner Eltern, den Lebensunterhalt zu verdienen. Über die Bude in der Fischerstraße schreibt er:
... wir wohnten in der Bude die viel zu wünschen übrig ließ, der Fußboden in der Rumpelkammer war morsch und faul, sodaß ein Kaninchenpaar welches sich mein Bruder Rudolf zugelegt hatte durch ein Loch im Boden unter den Brettern ein Nest gebaut die Alten sowie die Jungen die sich eine Seuche zugezogen hatten mußten wieder abschafft werden, aber noch ein anderer noch schwererer Umstand verleidete uns das Wohnen, es waren die grauen Mauerschnecken die Abends unter den morschen Fußboden hervor und an den naßen Wänden herumkrochen.
Die Wohngelegenheit konnte auf der nicht gut verantwortet werden denn die Bude war feucht und ungesund, alleine schon wegen der grauen Mauerschnecken die des Nachts ganze Landkarten auf den Wänden mit ihren Schlick malten.
Wir zogen noch vor dem Winter, nach der kl Petersenstraße über die Schlachterei von Borstelmann welcher vor dem Nobistor sein Verkaufsladen hatte ein. Hier in der kleinen Petersenstraße wurde mein jüngster Bruder Henry geb.
Doch dies bleibt nicht der letzte Umzug, nachdem Anna Sophia Henriette Hassenklöver und Friedrich Gustav Hase 1868 wieder einen Sohn bekommen, werden die Behörden wohl auf die wilde Ehe aufmerksam und verlangen die Heirat des Paares. Friedrich Gustav Hase stammt aus Sachsen und ist damit Ausländer, er kann jedoch die erforderlichen Mittel für die Aufnahme als Hamburger Bürger nicht aufbringen und somit wird er aufgefordert, Hamburg zu verlassen. Die Familie siedelt nach preußisch Altona über in die Brauerhofstraße. Das jüngste Kind stirbt dort im Frühjahr 1869 kaum ein Jahr alt und wird auf dem Friedhof beim Diebsteich 69 begraben. (61)
In Altona sind die Verhältnisse bezüglich der Aufnahme von Ausländern zwar liberaler, das Paar kann auch unverheiratet mehr oder weniger unbehelligt von den Behörden zusammen leben, aber die Lebensbedingungen sind genauso ärmlich wie in Hamburg. Die sechsköpfige Familie versucht sich durchzuschlagen, auch die Kinder müssen zum Lebensunterhalt früh beitragen. Hermann Julius Christian Hassenklöver erinnert sich:
Mutter ging noch ab und zu zu ihrer früheren Kundschaft und wusch und nähte für sie, wozu der Schuhwichsmacher Köllisch in der Langestr. Auf St. Pauli gehörte, dies waren die Eltern des Inhabers des Vortrags- und Gesangslokals am Spielbudenplatz.
Es ist 1870. Wir wohnen nun in der Blumenstraße im Keller. Die Mutter hat sich einen kleinen Hausierhandel mit Küchengeschirr zugelegt, den sie in der Umgebung Altonas ausübte. Diese Sachen waren billig und daher sehr begehrt, es waren irdene Tassen, Teller, Töpfe, Schüsseln und Kannen bunt glasiert. Sie hatte zwei Körbe voll Waren an einer Trage über der Schulter. Bruder Richard half beim Tragen und ging des Abends nach 6 Uhr in die Abendschule.
Hier besserten sich unsere wirtschaftlichen Verhältnisse etwas, der Vater hatte auch gute Arbeit, doch dies war auch nur von kurzer Dauer, denn der Krieg 1870-71 mit Frankreich begann. Obwohl der Krieg kaum ein Jahr dauerte brachte er doch der armen Bevölkerung Arbeitslosigkeit und Elend genug.
Der Vater hatte wieder keine Arbeit und so kaufte er altes Tauwerk auf das von uns allen aufgeschlossen und als Werg zum Kalfatern (verstopfen der Ritzen der Schiffsplanken, um sie wasserdicht zu machen) verkauft wurde.
Das Werg fand auch guten Absatz, doch Beschaffung von altem geteerten Tauwerk machte Schwierigkeiten, dazu kam die Krankheit unserer Mutter, die an den schwarzen Pocken erkrankt war. Mutters Zustand ließ das Schlimmste befürchten und so schloß sie am 1. Pfingsttag 1871 erst 47 Jahre alt für immer die Augen.
Mit dem Tod der Mutter Anna Sophia Henriette Hassenklöver werden die Lebensbedingungen für die Kinder noch katastrophaler, der Vater ist wohl überfordert, den kärglichen Lebensunterhalt für die Familie zu verdienen und gleichzeitig noch für die Erziehung und Pflege der Kinder zu sorgen. Sein Sohn erinnert sich an seine Kindheit:
Mein ältester Bruder Rudolf kam aus der Lehre, Bruder Richard war 13 Jahre alt, Gustav 10 Jahre und ich selbst 7. Wir alle ohne Unterschied waren nun allen Unbilden ausgesetzt, wozu der Hauswirt viel beitrug, somit mußten wir die Kellerwohnung plötzlich räumen und fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Unser Vater mochte sich Mühe geben soviel er wollte, keiner hat ihm geholfen. Auch Mutters ledige Cousine, eine Beckmann, konnte man es nicht zumuten uns Kindern ein Dach über den Kopf zu geben. Aber eine andere, mit einem Schornsteinfegermeister namens Zander verheiratete wohnte damals in der Düsternstr, die hätte etwas tun können, aber sie zuckte nur mit den Schultern und die Sache war für sie abgetan. Überall bei Verwandten oder Bekannten nur ein Bedauern aber keine Hilfe. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben daß wir von der Stammfamilie gänzlich und für immer getrennt wurden. Rohlfs und Hassenklöver blieben noch zusammen bis nach dem tode meiner beiden Brüder Rudolf und Richard auch dieses Band sich gelockert hat.
Abgewiesen von allen, fanden wir Aufnahme bei einem Schuster namens Dillmann in der Peterstr. In Altona, hier bezogen wir den Bodenraum welcher von der Küche aus nach oben ging. Ich kann mich aber nicht entsinnen diesen Dillmann jemals schustern gesehen zu haben, auch war es nicht so sehr sauber dort, denn wir hatten bald Läuse.
Zur Schule gingen wir nicht, denn es wurde nicht so viel auf Schulbesuch gesehen. Er war zwar gesetzlich aber wurde nicht so streng genommen. Auch existierte damals noch die Abendschule von 18.00 – 20.00 Uhr, sie war für Kinder eingerichtet die tagsüber eine Laufburschenstelle hatten und daher die Schule tagsüber nicht besuchen konnten.
Nun wurde auch die Wäsche sehr selten oder garnicht gewechselt denn wir hatten ja kaum mehr als von jedem nu ein Stück, kein Wunder daß wir Läuse hatten, wovon bei den Dillmanns genug waren. Strümpfe, soweit sie noch als solche galten, wurden nicht gestopft, der Einfachheit halber wurden sie unten abgeschnitten und wieder zusammengenäht. Der Fuß bildete sich im Stiefel von selbst. Es fehlte an der mütterlich pflegenden Hand, der Vater hatte genug mit sich selbst zu tun um den Kopf nicht ganz zu verlieren. Er war auf der Suche nach einer Haushälterin die etwas Ordnung in unsere Lage bringen sollte.
Unser ältester Bruder Rudolf war in die Fremde gegangen, Bruder Richard hatte eine Arbeitsburschenstelle bei einem Malermeister. Wir beiden, Gustav und ich strolchten auf der Straße umher. Wochen oder Monate später fand Vater dann endlich was er suchte und der neue Hausstand wurde gegründet. Wir zogen von den Dillmanns fort zur Christianenstr. Im Hof. Die Person die unser Vater sich als Haushälterin ausersehen hatte war ein schon im Alter stehendes Mädchen aus Neuhof bei Wilhelmsburg. Sie führte den Haushalt, der auf Stottern zusammengestellt war, wie es sich gehörte. Vater fuhr zur See bei der HAPAG als Kesselschmied.
Unsere Lage hatte sich gebessert, wir hatten ein geordnetes Leben und gingen wieder zur Schule auf der Kleinen Freiheit. Bruder Rudolf war aus der Fremde zurück und hatte sich bei Dillmanns einquartiert. Er arbeitete mal hier mal dort bis er durch Vermittlung unseres Vaters bei der Hamburg-Amerika-Linie als Kohlentrimmer anmusterte.
Eineinhalb Jahre sind wohl vergangen, wir wohnten in der Westerstraße, als plötzlich folgendes passierte: Der Vater arbeitete als Schmied bei Wienberg-Eisengiesserei in der Marktstr. Altona. Was die Veranlassung dazu gab weiß ich nicht, die Haushälterin war mit dem Hausstand durchgebrannt und auf und davon, uns nur wertloses Zeug hinterlassend.
Der Vater wußte wohl mehr als wir Kinder, denn er wollte den Kerl bei dem sie sich einquartiert hatte mit dem Hammer vor dem Kopf schlagen. (...) Es ist aber nicht so weit gekommen und so sagte er:“Aus, und nicht mehr davon gesprochen!
Unsere Zuflucht war wieder Dillmann, viel hatten wir ja nicht und was sie stehen gelassen hatte wurde dorthin geschafft. Der Schlendrian ging nun weiter! Bruder Richard war aus der Schule entlassen, er hatte wieder Arbeitsburschenstelle bei dem Maler in der Wilhelminenstr. Wir beide, Bruder Gustav und ich kümmerten uns wenig oder garnicht um den Besuch der Schule.
Da wieder ein Lichtblick, Vater hatte eine Frau kennengelernt, sie wohnte in der Bergstr. in einer blitzsauberen Wohnung, in der der Bodenraum von der Küche aus nach oben führte. Eine gute Wohngelegenheit für uns 3 Kinder, obwohl wir auf dem Fußboden lagen, man konnte dies gern tun denn der Fußboden war sehr sauber gehalten. Die Frau, ein ältere Person, handelte mit Gemüse und Grünkram, das Leben war somit wieder erträglich. Wir hatten wieder menschliche Verhältnisse in Bezug auf reines Zeug. Allerdings, wenn wir 2 Hemden hatten so war es viel aber was will das bei Kindern besagen, ganz abgesehen von Anzügen wovon jeder von uns nicht mehr hatte als was er auf dem Leib trug!
Doch diese Herrlichkeit (!) dauerte nur ein paar Monate und wir saßen abermals auf dem Trocknen. Vater erzürnte sich mit der Frau, die es mit uns Kindern gut meinte, wegen Limburger Käse den sie gerne aß, er aber nicht riechen konnte. Dillmann, der zugegen war und den Streit schlichten wollte, nahm uns gleich am selben Abend wieder mit. Unser alter Zufluchtsort war gerade nicht das Beste, jedoch er hatte uns zum drittenmal wieder.
Verärgert und nicht aus noch ein wissend wurden wir dann bei einer Familie Knickriehm in Kost und Pflege gegeben, der Vater fuhr auf einem Bergungsdampfer von der Taucherfirma Harmstorf. Das Familienoberhaupt Knickriehm war Brettschneider in der Bergstr. zwischen Blücher- und Norderstr. In Altona, ein großes Holzlager. Er war eine große und starke Figur und hatte zwei Sähne und eine Tochter die an Flechten im Gesicht litt.
Die Familie wohnte im Sestermannsgang, unten waren zwei Räume in der sie selbst wohnten, oben war ein Wohnraum mit 2 Gelassen der an Einlogierer vermietet wurden und auch uns beherbergte.
So konnte und durfte es nicht weitergehen, es wurde gerade Winter, und wir hatten kaum das Notwendigste um uns zu bedecken. Vater wollte uns als Waisen an die Stadt Altona abgeben denn er wollte die Verantwortung für meinen Bruder Gustav und mich nicht mehr übernehmen, und konnte es wohl auch nicht. Aber die Stadt Altona lehnte den Antrag ab mit der Begründung daß wir ja in Hamburg geboren wären. Vor der Hamburger Behörde lehnte Vater die Vaterschaft ab, wohl aus Schabernack, weil er vor Jahren als lästiger Ausländer in Hamburg abgewiesen wurde. Die Hamburger Behörde konnte ihm die Vaterschaft nicht nachweisen und sah sich gezwungen uns als Waisen aufzunehmen. (61
Und so findet sich im Protokoll der Aufnahmekommission der Armenanstalt vom Hamburger Berg zur Sitzung vom 8. Dec. 1873 folgender Eintrag:
Bezüglich einiger Kostkinder wurde folgendes beschlossen:
(...)
2. Herrn Vorst. Böse sind die Kinder Herm. Chr. Julius Hassenklöver u. Carl Andr. Gustav Hassenklöver zu überweisen. (66)
Für die beiden Kinder war die Fürsorge durch die Armenanstalt ein Glücksfall, endlich gab es für sie wieder geordnete Verhältnisse, auch dies beschreibt Hermann Julius Christian Hassenklöver in seinen Lebenserinnerungen:
Es dauerte gar nicht lange, und so zogen wir zu unserer jetzigen Pflegemutter namens Hagemann in die Fischerstraße Hof 47 am 10. Jan. 1874 in unsere alte Heimat St. Pauli.
Wir wurden gleich ganz neu von Kopf bis Fuß eingekleidet, so etwas hatten wir lange nicht gehabt. Wir schliefen in einem richtigen Bett und hatten unsere tägliche Pflege und präzise Essen und Trinken, wenn es auch nicht gerade lukullisch war aber es war schmackhaft und reichlich. Des Abends gab es meistens ein Teller voll vom Mittagsmahl wozu es ein Stück trockenes Brot gab das wir ins Essen einbrockten. Am Sonntagabend bekamen wir sogar noch eine Leberwurst in die Pfanne zu Bratkartoffeln. (61)
QUELLENVERZEICHNIS
StaHH = Staatsarchiv Hamburg- (6) StaHH, Bestand: 512-2 St. Petrikirche, Signatur: A VIII c 1 d, S. 84 anno 1797 Nr. 55
- (7) StaHH, Bestand: 332-1 I Wedde I, Signatur: 29 Band 78, S. 396 Nr. 135
- (8) StaHH, Bestand: 512-2 St. Petrikirche, Signatur: A VIII b 1 i, S. 156 anno 1766
- (9) StaHH, Bestand: 512-2 St. Petrikirche, Signatur: A VIII b 1 m, S. 107a anno 1797 Nr. 208
- (10) StaHH, Bestand: 512-2 St. Petrikirche, Signatur: A VIII b 1 m, S. 195 anno 1799 Nr. 83
- (11) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 12 Band 2, S 489 Nr. 1244 anno 1800
- (12) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 13 Band 1, S. 104 Nr. 997 anno 1803
- (13) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 13 Band 2, S. 346 Nr. 431 anno 1806
- (14) StaHH, Bestand: 512-5 St. Jacobikirche, Signatur: A VII c 6 Band 3, S. 19 Nr. 291 anno 1841
- (15) StaHH, Bestand: 351-1 Werk- und Armenhaus, Signatur: 11 Band 2, S. 26 Nr. 237
- (16) StaHH, Bestand: 512-5 St. Jacobikirche, Signatur: A VII c 11, S. 78 Nr. 148 anno 1854
- (17) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: D 5, S. 302 Nr. 186 anno 1821
- (18) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX F 1 d, S. 86 Nr. 153 anno 1821
- (19) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 20 b, S. 408 Nr. 247 anno 1823
- (20) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 21 a, S. 177 Nr. 481 anno 1825
- (21) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 21 b, S. 487 Nr. 1027 anno 1827
- (22) StaHH, Bestand: 332-1 II Wedde II, Signatur: 8 Band 27, Nr. 182/1832
- (23) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 22 a, S. 249 Nr. 1204 anno 1829
- (24) StaHH, Bestand: 512-6 St. Gertrudkapelle, Signatur: IX q 15, Nr. 211 anno 1830
- (25) StaHH, Bestand: 332-2 Generalregister, Signatur: III b 1 Band 15, S. 98 Nr. 490 anno 1830
- (26) StaHH, Bestand: 232-1 Vormundschaftsbehörde
- (27) StaHH, Bestand: 332-1 II Wedde II, Signatur: 8 Band 27, Nr. 182/1832
- (28) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: D 7, S. 229 Nr. 60 anno 1832
- (29) StaHH, Bestand: 332-2 Generalregister, Signatur: III b 1 Band 35, Nr. 498 anno 1850
- (30) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 36, S. 57 Nr. 562 anno 1850
- (31) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 38, S. 111 Nr. 1105 anno 1852
- (32) StaHH, Bestand: 232-1 Vormundschaftsbehörde, Signatur: Serie II Nr. 1854
- (33) StaHH, Bestand: 332-1 II Wedde II, Signatur: 8 Band 32, Nr. 23/1834
- (34) StaHH, Bestand: 512-5 St. Jacobikirche, Signatur: A VII b 10, S. 4 Nr. 20 anno 1834
- (35) StaHH, Bestand: 512-5 St. Jacobikirche, Signatur: A VII a 37, S. 53 Nr. 522 anno 1837
- (36)F. H. Neddermeyer, Topographie der Freien und Hansestadt Hamburg, Hamburg 1832
- (37)F. H. Neddermeyer, Zur Statistik und Topographie von Hamburg, 1847
- (38) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: E 17, S. 304 Nr. 2 anno 1848
- (39) StaHH, Bestand: 332-1 II Wedde II, Signatur: 8 Band 90, Nr. 624/1849
- (40) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: C 36, S. 134 Nr. 1333 anno 1850
- (41) StaHH, Bestand: 512-7 St. Michaeliskirche, Signatur: E 18, S. 206 Nr. 3 anno 1853
- (42) StaHH, Bestand: 332-3 Zivilstandsaufsicht, Signatur: C Nr. 82, Nr. 5942 anno 1870
- (43) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 b 2, S . 391 anno 1782
- (44) StaHH, Bestand: 411-2 Patronat St. Pauli, Signatur: I 226, S. 34 Nr. 1927 anno 1823
- (45) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX E 1 o, S. 130 Nr. 92 anno 1823
- (46) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 i, S. 57 Nr. 171 anno 1823
- (47) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX F 1 i, S. 17 Nr. 217 anno 1845
- (48) StaHH, Bestand: 512-5 St. Jacobikirche, Signatur: A VII c 12, S. 157 Nr. 126 anno 1859
- (49) Franklin Kopitzsch und Daniel Tilgner, Hrsg., Hamburg Lexikon, Hamburg 1998
- (50) C.F. Gaedechens, Hamburgs Bürgerbewaffnung, Hamburg 1872
- (51) Wilhelm Melhop, Alt-Hamburgische Bauweise, Hamburg 1925
- (52) StaHH, Bestand: 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, Signatur: B I a Nr. 29/1834
- (53) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 l, S. 29 Nr. 282
- (54) StaHH, Bestand: 332-1 II Wedde II, Signatur: 8 Band
- (55) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX E 1 q, S. 63 Nr. 110 anno 1853
- (56) StaHH, Bestand: 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, Signatur: B I a Nr. 166/1853
- (57) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 l, S. 120 Nr. 73 anno 1855
- (58) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX F 1 m, S. 367 Nr. 218 anno 1856
- (59) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 l, S. 229 Nr. 535 anno 1856
- (60) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX F 1 m, S. 449 Nr. 77 anno 1857
- (61) Hassenklöver, Hermann Julius Christian, Lebenserinnerungen, unveröffentlicht
- (62) StaHH, Bestand: 232-1 Vormundschaftsbehörde, Signatur: Bezirk P/T/708
- (63) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX b 1 m, S. 86 Nr. 193 anno 1858
- (64) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 n, S. 151 Nr. 131 anno 1862
- (65) StaHH, Bestand: 512-8 St. Paulikirche, Signatur: IX B 1 o, S. 174 Nr. 209 anno 1865
- (66) StaHH, Bestand: 351-2 I Allg. Armenanstalt I, Signatur: 190 Band 4, S. 227
Der Artikel ist auch in der "Zeitschrift für niederdeutsche Familienkunde" Heft 2/2011 veröffentlicht.